...dass gesagt wird: „Es gibt nicht nur einen Priestermangel, es gibt auch einen Gläubigenmangel!“
Ja, das mag mittlerweile zutreffen. Hat es vor einigen Jahren noch geheißen im Jahre 2060 werden in Deutschland weniger als 50 % der Bevölkerung Christen sein, so ist dies nun bereits eingetroffen, just als der Katholikentag in Stuttgart stattgefunden hat!
Ich stelle die Behauptung auf der Mensch ist nach wie vor religiös. Er ist ein Wesen, das nach Sinn sucht. Nicht umsonst lautete die erste Frage im alten grünen Katechismus: Wozu sind wir auf Erden? Die Frage mag jeder für sich selbst anders beantworten, aber dieser Frage muss sich Mensch stellen.
Seit 31 Jahren bin ich im priesterlichen Dienst. Seit dieser Zeit geht es in unserer Diözese nur um Strukturen und Dialog (Wege suchen im Gespräch - 1996, Dialogprozess im Heute glauben - 2011, Pastoral 2030 - ab 2015).
Waren es am Anfang die Pfarreiengemeinschaften, so sind wir mittlerweile bei den Pastoralen Räumen angelangt. Die Räume werden größer und größer. Es wäre einmal interessant, die Stunden zu erfassen, die die Hauptamtlichen in der Kirche in diesen 31 Jahren angesammelt haben, nur um sie Jahre lang in Dialogen zu verwickeln, nur um sich dafür einzusetzen, dass Strukturen umgesetzt werden. Wo aber bleiben unsere Inhalte? Man hätte diese Zeit auch in Seelsorge investieren können!
„Vor allem aber glaube ich an die Umwandlung der Kirche als starre Institution in eine ‚Weggemeinschaft‘ (syn-hodos)“ (1). Tómaš Halik
Weggemeinschaft, das ist es was die Menschen brauchen. Zusammen mit den anderen nach dem Sinn des Lebens fragen. Die verschüttete Sehnsucht nach gelingendem Leben ausgraben. Das Gottes Gerücht wach halten. Wenn Jugendliche heute sagen: sie sehen keinen Sinn in ihrem Leben, sie wissen nicht was sie machen sollen, dann braucht es Begleitung. Wer hilft ihnen den Sinn zu finden? In Großräumen wo es immer schwieriger wird, Beziehungen zu den Menschen aufrecht zu erhalten, geht das sicher nicht.
„…dass die Richtung der Entwicklung nicht nach rechts oder links, sondern in die Tiefe geht. Denn wenn die Reform fruchtbar sein soll, muss sie eine Dimension der Kontemplation haben.“ (1) Tómaš Halik
Kontemplation, Vertiefung, das muss uns ein Anliegen sein und dabei müssen wir den Menschen helfen. Es braucht einen persönlich verinnerlichten, durchdachten, durchfühlten, durchmeditierten Glauben.
Von dieser Spur sind wir oft meilenweit entfernt. Deutlich wird dies wieder einmal bei den Katechesen. Die Erstkommunion ist rum, die Firmvorbereitung nähert sich dem Ende, die Eltern sind teilweise gefrustet, die Hauptamtlichen sind auch wieder gefrustet, weil man merkt: so geht es nicht mehr. Es bräuchte einen Neuansatz, dafür müsste Altes gestrichen werden. Ja.
Aber wer fängt an?
Wer ist bereit gläubige Menschen (mittlerweile auch viele außerhalb der Kirche) in die Tiefe zu führen? Wir sollten uns unserer eigentlichen Aufgabe widmen!
Karl Feser, Pfarrvikar
Pfarrerinitiative Würzburg - 1) Aus Interview Publik Forum, Nr 10 - 27.05.2022