Dr. Bernd Kempf spricht im Mehrgenerationenhaus Johannesberg über Chancen und Schwierigkeiten für den Spessart
Achtzehn Gebiete in Deutschland tragen die Auszeichnung Biosphärenregion, weltweit sind es 747. Seit einigen Jahren läuft die Diskussion um eine Bewerbung dieses von der UNESCO vergebenen Titels für den Spessart. Dr. Bernd Kempf, der sich schon lange dem Naturschutz in unserer Region verpflichtet fühlt, fasste am letzten Donnerstag im Mehrgenerationenhaus Johannesberg sehr anschaulich die Kriterien einer Biosphärenregion zusammen und leitete dann über zu den Gegebenheiten der Spessartregion. Seit 2017 ist er Vorsitzender der Bürgerbewegung „Freunde des Spessarts“, die sich im Bemühen um das (negativ beschiedene) Prädikat Nationalpark gegründet hatte und nun für eine Biosphärenregion (BSR) kämpft.
Laut Machbarkeitsstudie von 2023, die von den Landkreisen Main-Spessart, Miltenberg, Aschaffenburg und der Stadt Aschaffenburg beauftragt wurde, sind 38 der 40 erforderlichen Kriterien für die Bewerbung erfüllt, so Dr. Kempf.
Im Erlangen eines Alleinstellungsmerkmales für den Spessart sieht Kempf für das kulturell und wirtschaftlich über Jahrhunderte hinweg hoch entwickelte Gebiet, einzigartig von Flüssen umgeben, kein Problem. Einmalig sei auch die Nähe zur städtisch geprägten Rhein-Main-Metropole, die der Idee der UNESCO- Auszeichnung entgegenkommt.
Heftiges Für und Wider in Politik und Gesellschaft aber riefen in den letzten Jahren die geforderten Kernzonenflächen hervor. 3% der Gesamtfläche (für den bayrischen Spessart ca. 5100ha), müssen für die Modellregion der Natur überlassen werden, d.h., die Nutzung durch Menschen beschränkt sich dort auf die Bereiche Forschung, Monitoring, Bildung und das Wandern. Die Gegner fürchten nun um Rechte, Wirtschaftlichkeit und Ressourcennutzung. Kempf setzte sich intensiv mit den Gegenargumenten auseinander, die, so konnte man ihn verstehen, plausibel klingen, aber doch zu kurz gedacht sind. Die Schaffung und Entwicklung einer BSR gebe auf all diese Fragen bessere und nachhaltigere Antworten. Dr. Kempf verwies in diesem Zusammenhang auf die 10 Punkte-Broschüre der Naturverbände für eine Biosphärenregion Spessart.
Insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel „ist der Wald der schnellste, effizienteste und kostengünstigste Kohlenstoffspeicher, den wir haben“, hob er hervor und fand damit die volle Zustimmung der Zuhörer*innen.
In besonderem Maße trifft das natürlich auf unbewirtschafteten Wald zu, der nach Berechnungen ein Vielfaches an Festmetern produziert.
Aber über allen Nutzen für Wirtschaft, Tourismus, Bildung, Forschung und entstehende Arbeitsplätze stellte der weitgereiste Naturfreund den Wert einer verbesserten Lebensqualität für unsere ganze Region. Die neuen Urwälder schützen mit ihren Ökosystemen die Biodiversität, ermöglichen eine Anpassung an den Klimawandel und bieten durch ihre lebendige Vielfalt für Kinder und Erwachsene Anreize, unsere natürlichen Lebensgrundlagen neu zu entdecken.
Wie also kann es trotz kontroverser Diskussionen (immerhin bleiben 97% des Spessarts für die Nutzung erhalten) und geringer Unterstützung des Freistaates gelingen, die benötigte Kernzonenfläche aufzubringen? Er sei viel unterwegs bei den Kommunen, so der Vereinsvorsitzende, denn auf ihre Unterstützung des Projektes und ggf. ihre Bereitschaft, Kernzonengebiete auszuweisen, komme es jetzt an, genauso wie auf private Waldbesitzer, die Flächen zur Verfügung stellen oder den Gemeinden verkaufen.
Und so plädierte Dr. Kempf in der anschließenden Diskussion zusammen mit Volker Schiller, dem ehemaligen Förster aus Johannesberg, auch an die örtliche Gemeinde. Eine Karte der Waldflächen in und um Johannesberg weist diverse Möglichkeiten auf. Kernzonen müssen nicht zusammenhängen, müssen aber mindestens 50 ha groß sein.
Die Gemeinde Johannesberg hat bereits zugestimmt, sich einer Antragstellung anzuschließen. Begrüßenswert wäre nun auch die Überlassung kommunaler Waldstücke, die sich zum Naturwald entwickeln, so der Tenor unter den Anwesenden. Dr. Kempf unterstrich die spürbare Motivation im Saal mit den Worten: „Schon oft waren es Einzelne, die einen Stein ins Rollen gebracht haben!“
25.11.2024, Ellen Specht, Gemeinsam Grün- laudato si Johannesberg