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03.05.2020 - 4. Sonntag der Osterzeit – Ich möchte zwei Sätze aus dem Evangelium vom Sonntag betrachten und sie mit zwei Geschichten kommentieren. Die beiden Stellen sprechen wichtige Lebensthemen an und wollen zum Nachdenken anregen, was für ein zufriedenes Leben - das Evangelium nennt es „Leben in Fülle“ – wichtige Bausteine sind. 

„Er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen...“

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht: Wer ruft Sie überhaupt beim Namen? Und wie sprechen Menschen Ihren Namen aus? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass über den Ton beim Rufen eines Namens Beziehung hergestellt wird und Wertschätzung erfahren wird?

Die erste Geschichte: Michael ist es gewohnt, wenn er von der Schule kommt, dann ist keiner daheim. Als er heute die Türe öffnet, erblickt er erstaunt seine Mutter. Sie kommt ihm entgegen, aber zu ihrem Erstaunen dreht Michael sich um und rennt gleich wieder raus. Seine Mama läuft ihm nach und ruft ganz durcheinander: „Michael, freust du dich nicht, dass ich schon da bin? Wegen dir bin ich heute früher heimgekommen als sonst. Ich wollte dir eine Freude machen. Michael bleibt stehen und ruft ganz aufgeregt: „Ich gehe nur raus, um mit den anderen Kindern zu spielen. Warte ein paar Minuten, dann ruf ganz laut zum Fenster raus: „Michael, komm zum Essen!“ Ruf mich wie die anderen Mamas ihre Kinder rufen.

Wo es passiert, dass ein Mensch Liebe, Wertschätzung, Anerkennung mit seinem Namen in Verbindung bringt, ist der Boden dafür bereitet, dass er auch daran glauben kann: Gott interessiert sich für mich. Er will mein Bestes. Er ruft mich bei meinem Namen.

Sind nicht die Menschen, die meinen Namen liebevoll, erwartungsvoll, respektvoll und manchmal auch anfragend aussprechen, die „guten Hirten“ meines Lebens?

Der zweite Satz: „Die Schafe folgen ihm, denn sie kennen seine Stimme.“

Dazu die zweite Geschichte: Ein Indianer, der in einem Reservat lebte, besuchte seinen weißen Freund in der Großstadt. Er war verwirrt vom vielen Lärm, von der Hektik und von der schlechten Luft. Die beiden gingen die Straße entlang. Plötzlich blieb der Indianer stehen und horchte auf: „Ich höre eine Grille zirpen”. „Du musst dich täuschen, hier gibt es keine Grillen. Und selbst wenn, dann würde man sie niemals bei diesem Lärm hören.” Der Indianer ging ein paar Schritte und blieb vor einem mit Efeu bewachsenen Haus stehen. Er schob die Blätter auseinander und fand die Grille.

„Natürlich hast du die Grille zirpen gehört. Dein Gehör ist besser geschult als meines”, meinte der weiße Mann. Der Indianer schüttelte den Kopf: „Das Gehör eines Indianers ist nicht besser als das eines weißen Mannes. Ich werde es dir beweisen.” Er griff in seine Tasche, holte ein Geldstück hervor und warf es auf den Gehsteig. Sofort blieben mehrere Leute stehen und sahen sich um. „Siehst du, mein Freund, es liegt nicht am Gehör. Was wir wahrnehmen, liegt ausschließlich an der Richtung unserer Aufmerksamkeit.” 

Wir Menschen hören auf das besonders gut, was wir gewohnt sind, worauf unser Sinn gerichtet ist? 

Hat Gottes Wort bei den vielen Angeboten und Versprechungen, die täglich an unser Ohr dringen, noch eine Chance gehört zu werden?

Mit diesen Gedanken zum Nachdenken wünsche ich Ihnen im Namen des Seelsorgeteams einen gesegneten Sonntag. Bleiben Sie alle gesund!
Ihr Diakon Alexander Fuchs

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