header

22.11.2020 - Christkönigssonntag -

Liebe Schwestern und Brüder,

an diesem Wochenende feiert die katholische Welt den CHRISTKÖNIGSSONNTAG. Das Hochfest wurde anlässlich des Heiligen Jahres 1925 zur 1600-Jahr-Feier des Konzils von Nicäa 325 von Papst Pius XI. eingesetzt. Wenige Jahre zuvor gingen viele Europäischen König- und Kaiserreiche zu Ende. Seit 1970 wird der CHRISTKÖNIGSSONNTAG am letzten Sonntag im Kirchenjahr begangen (Mit dem Ersten Advent beginnt das neue Kirchenjahr!).

Heute mutet dieses Hochfest anachronistisch an, irgendwie aus der Zeit gefallen, schwingen hier doch auch alte Königsvorstellungen meist mit absolutistischen Ansprüchen mit. Und der König, von dem im Sonntagsevangelium die Rede ist, der auf den Wolken des Himmels am Ende der Zeiten zum Gericht kommen wird, unterstreicht diese Vorstellungen vehement.

Es ist also wichtig, sich selbst Gedanken zu machen, wie wir ganz persönlich dieses Hochfest, den königlichen Anspruch, der auf Jesus projiziert wird und unsere Art und Weise, wie wir über diesen Menschensohn denken, zusammenbringen können. Wer ist Jesus für mich? Worin liegt das königliche seines Auftretens, Redens und Handelns? Und welchem Jesus folge ich heute nach?

Folgende Erfahrung, die ich im Auslandsjahr 1982/83 in Bolivien machen konnte, und die in mir bei verschiedenen Besuchen in unserer Partnerdiözese Mbinga verstärkt wurden, sind: Die Campesinos, die Kleinbauern auf dem Altiplano, der Hochebene Boliviens, versammelten sich mit dem Pfarrer, der Ordensschwester, einigen Katecheten und mir zu einer Woche Exerzitien im Pfarrheim. Es waren fünfzig und mehr Personen, Frauen, Männer und Kinder, die mehrmals am Tag aus der Heiligen Schrift lasen, miteinander das Bibelteilen in Kleingruppen praktizierten, gemeinsam Gottesdienst feierten und miteinander Mahl hielten. Es gab immer zwei Gerichte, die sich in diesen Tagen abwechselten: Kartoffelsuppe und Quinuasuppe. Einfaches Essen von dem, was die Campesinos als Teilnehmerbeitrag mitbrachten. Eine Familie wollte, dass ich sie fotografiere: Opa und Oma, Vater und Mutter und drei Kinder versammelten sich. Alle hielten ein Buch, eine Heilige Schrift in ihren Händen und streckten sie mir entgegen. Ärmlich gekleidet, nicht wissen, wie sie dieses Jahr über die Runden kommen werden, aber voller Stolz auf ihre Bibel, die sie jetzt mir freudig zeigten.

Welche Lehren ziehe ich daraus: Es braucht gemeinsame Zeiten, um „über Gott und die Welt“ nachzudenken, um sich auszutauschen, um sich vom Wort Gottes inspirieren zu lassen. Es braucht die Vertiefung des Wortes und die Muße, sich damit zu beschäftigen um für sein Leben wichtige Weichenstellungen vornehmen zu können. Es braucht das solidarische Miteinander, das Teilen dessen, was wir haben, damit wir alle davon leben können. Und es braucht auch die Freude, ja vielleicht auch den Stolz, dass ich selbst eine Bibel habe, in der ich immer wieder, vielleicht sogar täglich das Evangelium Jesu lesen und meditieren kann. Das wichtigste aber ist, dass wir - wenn wir den Bruder oder die Schwester in Not sehen - uns berühren lassen und konkret Hilfe leisten. Dies wird nicht nur am Christkönigssonntag verkündet, sondern steht jeden Tag in der Bibel drin!
Das Königsein Jesu zeigt sich für mich am deutlichsten, wenn sich der Herr selbst erniedrigt um seinen Jüngerinnen und Jüngern, auch dem Judas Iskariot, die Füße zu waschen.

Ihnen und Ihren Angehörigen wünschen wir vom Seelsorgeteam einen frohen Sonntag und eine gute Woche!
Ihr Nikolaus Hegler, Pfarrer

­