17.10.2021 - 29. Sonntag im Jahreskreis - Ich darf zuerst das neue Spielzeug ausprobieren. Ich darf als erster von der Rutsche. Ich bekomme zuerst von den Süßigkeiten. Der Antrieb, zuerst sein zu wollen, zeigt sich schon bei kleinen Kindern.
Der erste, die beste sein wollen.
- Wer baut den höchsten Turm?
- Wer kann am längsten die Luft anhalten?
- Wer ist am schnellsten?
- Wer ist am stärksten?
Das Streben vorn dran zu sein, scheint Menschen von Kindheit an Lebensbegleiter zu sein. Auch unter den Eltern wächst kurz nach der Geburt der Kinder die Erwartung, wessen Kind früher sprechen oder eher gehen kann. Wenn die Kinder älter sind, beginnt der Wettstreit um die besseren Noten und die größere Begabung. Im Beruf geht es dann weiter. Wer verdient mehr, wer steigt schneller auf der Karriereleiter auf? Es ist zum gesellschaftlichen Druck geworden: Wir rennen oft ein Leben lang, ohne innezuhalten, ohne nach rechts und links zu schauen, ohne Rücksicht auf Verluste. Hauptsache vorne dran und obenauf.
Dieser Kampf um die ersten Plätze ist aber scheinbar nichts Neues. Da kommen Jakobus und Johannes, zwei forsche Jünger, mit der Bitte zu Jesus: "Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen." Sie wenden sich mit ihrem Anliegen klar und profiliert, mit Gespür für den richtigen Moment an Jesus, der ihnen das Tor zu den ersten Plätzen öffnen kann. Sie ziehen unumwunden und nach allen Regeln der Kunst die Strippen, stets das eigene Fortkommen im Blick. Jesus antwortet ruhig und gelassen mit einer Gegenfrage: "Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?" Das heißt: Überlegt es Euch gut, ob Ihr das wirklich wollt! Schaut euch den Preis an, den das kosten wird. Und registriert dabei, dass aller Einsatz, den ihr bringt, noch nicht einmal die Gewähr hat, dass es am Ende auch klappen wird! Den Platz zu meiner Rechten und Linken, den habe nicht ich, den hat ein anderer zu vergeben!
Was Jesus hier sagt ist keine Zurechtweisung, es klingt ganz einfach nur traurig - vielleicht weil Jesus nur zu gut weiß, dass Menschen, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt haben, doch nicht mehr davon abzubringen sind. Überlegt es euch gut, welchen Preis ihr dafür zahlt, immer die ersten sein zu wollen. Jesus will klar machen: Wer unbedingt auf den Gipfel will, der sollte sich zuvor ganz deutlich vor Augen halten, dass es auf Gipfeln meistens recht eisig und kalt zugeht.
Nach diesen Worten, mit denen Jesus die beiden Karriere besessenen zum Nachdenken bringen will, stellt er den Jüngern sein Gegenprogramm vor Augen: "Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein." Welch ein Kontrastprogramm zu allem Konkurrenzkampf um die ersten Plätze. Nicht wer oben auf den ersten Plätzen steht, ist der oder die Große. Die Größe eines menschlichen Lebens bemisst sich nach Jesus an der Bereitschaft, Menschen zu Diensten zu sein. Oder wie es Roger Schutz einmal ausgedrückt hat: Am Abend unseres Lebens wird es die Liebe sein, nach der wir beurteilt werden, die Liebe, die wir allmählich in uns haben wachsen lassen und entfalten, in Barmherzigkeit für jeden Menschen in der Kirche und in der Welt.
Einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche wünscht
Ihr Diakon Alexander Fuchs und das Pastoralteam