05.12.2021 - Zweiter Adventssonntag -
„'Wachet auf', ruft uns die Stimme
der Wächter sehr hoch auf der Zinne,
'wach auf, du Stadt Jerusalem!'“
vgl. Gotteslob Nr. 554
Liebe Leserin, lieber Leser!
Das Kirchenlied: „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ stammt von Philipp Nicolai (1599) und wurde im Anhang seines Buches „Freudenspiegel des ewigen Lebens“ veröffentlicht. Im alten Gotteslob stand es unter der Rubrik Advent (aGL Nr. 110) und wurde häufig gesungen. Es bezieht sich auf das Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen (Mt 25,1-13), sowie der Prophezeiung Jesajas (Jes 52,8). Dabei handelt es sich um die mystische Hochzeit des kommenden Messias mit Zion, der Stadt Jerusalem. Nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil wird diese nun angekündigt und miteinander gefeiert.
Wachet auf!,
ist aber auch ein Wachrütteln in unserer Zeit, die konfrontiert mit vielen verschiedenen Themen und Problemen sich aus ihr zu flüchten sucht:
=> Konsumrausch, der einhergeht mit dem Vergessen der Wirklichkeit
=> Zurück-Träumen in die gute alte Zeit (die es ja so nie gegeben hat!)
=> Voraus-Phantasieren in eine viel bessere Zukunft, wo dann alles viel besser sein wird
=>...
Wachet auf!,
ist dann eine Einladung sich nicht „in Rausch und Trunkenheit“ (Evangelium des 1. Adventssonntag) zu flüchten, sondern zu einer realistischen, nüchternen Betrachtung der Welt und des Lebens zu finden: Denn nur auf diese Weise werden wir uns der konkreten Gefahren bewusst, können uns dann darauf einstellen und gemeinsam an deren Überwindung zusammen wirken.
Wachet auf!,
wird dann zu einem Auftrag, den wir gemeinsam und miteinander erkennen und annehmen sollen, um den Herausforderungen unserer Zeit „Zeichen der Hoffnung“ entgegen setzen zu können. Es geht darum, sich persönlich Rechenschaft zu geben:
- Wie gehe ich mit meiner Zeit (Lebenszeit) um?
- Was bzw. wer ist mir wichtig?
- Wie gehe ich mit den mir gegebenen Möglichkeiten um?
- Wie setze ich meine Talente ein?
- Wie gehe ich mit den Ressourcen um?
- ...
Jerusalem heißt frei übersetzt: Stadt des Friedens. In der Geschichte hat diese Stadt und ihre Region sehr, sehr viel Gewalt und Krieg, Unterdrückung und Fremdherrschaft erlitten. Doch auch heute noch ist Jerusalem die Vision des Propheten Jesaja, der in ihr bereits heute schon eine Idee von diesem Frieden formuliert. Wenn sich weiterhin die Menschen „Auge um Auge“ ausstechen, um dann nur blind in dieser Welt herumzutappen, wird diese Vision noch lange auf sich warten lassen. Wenn aber - und das ist die Hoffnung vieler Menschen - jede und jeder „viele kleine Schritte an vielen verschiedenen Orten“ jetzt schon wagen, dann werden wir alle mitwirken, dass in unserer Stadt, dass in unserm Lebensraum Frieden werde.
Ich lade alle Menschen guten Willens ein, sich einzubringen und mitzumachen!
Einen gesegneten 2. Advent wünscht im Namen des Teams
Ihr Pfarrer Nikolaus Hegler