24.07.2022 - 17. Sonntag im Jahreskreis -
Liebe Leserin, lieber Leser!
Bitten fällt mir schwer: Und Ihnen? Meiner Meinung nach ist es deshalb so schwer, weil ich mich damit in die Abhängigkeit eines anderen begebe. Meine Hilfsbedürftigkeit tue ich so kund und ich zeige, dass ich einen anderen brauche, der mir gibt, was ich gerade nicht selbst habe. Wir sind freiheitsliebende Menschen, deshalb fällt uns Bitten auch so schwer.
Ist es Angst auf andere zuzugehen und sie um etwas zu bitten? Oder ist es mangelndes Vertrauen: Ich kenne den oder die nicht gut genug und weiß nicht, wie sie darauf reagieren? Oder sind es schlechte Erfahrungen, die mich davon abhalten, solches zu wiederholen?
Angst – Mangel an Vertrauen – schlechte Erfahrungen: Dies wirkt sich nicht nur im Umgang miteinander aus, sondern bestimmt auch unser Verhältnis zu Gott. Es sind negative Prägungen, die unseren Zugang zu Gott und die Art und Weise, wie wir glauben, beeinflussen.
Glauben kann mit Vertrauen übersetzt werden. Vertrauen, das trotz solcher negativer Prägungen, herausfordert nicht vorschnell aufzugeben und sich nicht einzuigeln. Vertrauen, das immer wieder damit beginnt, sich zu öffnen, sich auf ein Du einzulassen, wohl wissend, dass es immer ein Angebot ist, das angenommen oder abgelehnt werden kann.
Glaube und Vertrauen sind für Jesu Schlüssel zu Gott und zu den Menschen. Sein Zeugnis und seine Rede von Gott sind Einladungen sich für Gott zu öffnen, sich vertrauensvoll Gott zuzuwenden und von Gott, seinem Vater, die Erlösung zu erhoffen. Es geht ihm um die Erfüllung der tiefen Sehnsucht, um die Heilung aller Verletzungen und jedes Schmerzes, ja um das Heil meiner Seele und das Heil meines Leibes.
Heute gibt Jesus diese offene, bittende, vertrauende Haltung, die er gegenüber Gott, seinem Vater hat, dieses grenzenlose Vertrauen, an seine Jünger weiter, wenn er ihnen beim Buchstabieren ihrer Gebete hilft: Vaterunser...
Vertrauen zu Gott, der doch seine Geschöpfe sehr gut kennt. Und dennoch immer wieder – täglich neu! – JA zu ihnen sagt. Sie annimmt, wie sie sind: Wir sind doch seine geliebten Kinder, und wenn schon Vater und Mutter immer wieder barmherzig, liebevoll und verzeihend ihren eigenen Kindern begegnen, wenn sie schon alles geben, wenn ihre Kinder sie nur inständig darum bitten, warum sollte dann Gott, unser Vater, nicht ebenso handeln?
Jesu Weg bleibt ein Angebot, zudem wir uns täglich neu bekennen können, wollen wir das Geschenk des „Lebens in Fülle“ immer wieder neu spüren. Das Eingeständnis, dass ich nicht alles alleine machen kann, dass ich andere um etwas bitten muss, kann ein erster Schritt sein, der mir hilft, das gnadenreiche Angebot Gottes immer mehr und besser anzunehmen: „Bittet, und ihr werdet empfangen!“
Einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche wünscht im Namen des Seelsorgerteam
Nikolaus Hegler, Pfarrer