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16.10.2022 - 29. Sonntag im Jahreskreis - 

Beten Sie?

Eine Frage, mit der man Menschen immer noch irritieren kann.

Denn Beten ist für viele fremd geworden, gilt oft als kindlich und kindisch. Da sind die frommen Verse noch im Ohr, die einem die Oma als Abendgebet beigebracht hat „mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“

Dazu mischt sich noch die Frage: Was bringt das Beten überhaupt? Was bringt dieses Reden mit einem Wesen, das meinen Blicken und Denken entzogen bleibt. Was bringt mein Beten, wenn dieser Gott, mit dem ich zu sprechen versuche, nicht antwortet, wenn  sich scheinbar nichts, aber auch gar nichts ändert?

Beten Sie?

Manche beten noch, weil es für sie die ehrlichste Sprache der Welt ist, in der sie ihr Leben mit seinen Höhen und Tiefen, mit seinem Glück und Unglück, mit Sehnsucht und Ohnmacht, mit Sorgen und Wünschen restlos unterbringen können. Da gibt es nichts, was man nicht sagen dürfte. Beten kennt keine Zensur.

Aber - ist das noch Glaube?

Das ist nicht wichtig. Man kann auch ungläubig beten. Wichtig ist: Das Gebet ist der Ort, an dem ich mich nicht verstellen muss. Nicht mich fragen muss, kann oder darf ich das jetzt so sagen? Beten heißt radikale Ehrlichkeit. Du bringst dein Leben zur Sprache, so wie es ist, so wie du dich fühlst.

Wichtig ist:

Wer Fragen stellt, resigniert nicht. Wer fragt, klagt, bittet, wer aufbegehrt – der hat schon angefangen, eine neue Einstellung zu finden gegenüber dem, womit er fertig  werden muss, etwas zu unternehmen gegen das, was ihm und anderen angetan wird.

Will uns nicht gerade Jesus im Evangelium mit der hartnäckigen Witwe zu einem Beten in diesem Sinn ermuntern?

Einen gesegneten Sonntag wünscht im Namen des ganzen Seelsorgeteams
Diakon Alexander Fuchs

 

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