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06.10.2024 - 27. Sonntag im Jahreskreis - Erntedank

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wenn wir die Scheidungszahlen über Jahre genau betrachten, dann erkennen wir einen stetigen Anstieg, eine Steigerung, die in großen Städten und Ballungsgebieten höher ausfällt, als auf dem flachen Land. Ehe, so scheint es nicht nur, sondern so erleben wir es auch, im eigenen Freundeskreis, in der eigenen Familie, hält viel weniger, dauert nicht mehr so lange wie früher.

Es ist dies nur eine Perspektive um Wirklichkeit wahrzunehmen, um eine Veränderung im kirchlichen, im familiären Bereich, aber auch im gesellschaftlichen Bereich zu beschreiben.

Es wird zu deren Erklärung verschiedene Antworten, verschiedene Positionen geben, geben müssen, denn Einflüsse von außen, die zunehmenden Medien, neue Möglichkeiten einer rasant wachsenden Technik, zunehmende Kommunikationsmöglichkeiten, Reisetätigkeit, und, und, und. All das ist ja auch eine Realität. Ist ja auch eine uns dauernd mitbestimmende Wirklichkeit.

Es wäre also zu einfach, und auch total falsch, zu sagen: An allem, was wir an Problemen haben, ist das Konzil schuld, weil es die Freiheit und Verantwortung des Menschen betont, weil es seine Gewissensentscheidung einfordert, weil es Jahrhundertealtes, Festgefügtes in der Liturgie aufgibt, sich dem Neuen, dem Modernen zuwendet.

Es wäre auch zu einfach zu behaupten: Ohne Konzil wäre es noch viel schlechter gekommen! Ohne Konzil hätten wir noch die gute, alte Zeit!

Beide Positionen können nicht bewiesen werden, und beide behaupten eine entscheidende Wichtigkeit, einen großen Einfluss des Konzils auf die Geschicke von Kirche und Welt, welche die oben genannten Einflüsse nicht berücksichtigt.

In dieser Konfliktsituation, die wir nicht nur in den Kirchen, sondern in der Welt mit ihren Gesellschaften haben, ist für uns Christen der Blick auf Jesus selbst bedeutsam. Im heutigen Evangelium können wir zwei Haltungen Jesu erkennen, können vielleicht dadurch auch Impulse für uns heute finden:

  1. Jesus fragt nach dem Sinn, nach dem Willen Gottes
    In der Auseinandersetzung mit den Pharisäern wechselt Jesus bei seiner Argumentation die Ebene: Er fragt nach, was denn der eigentliche Sinn der Ehe ist, und begründet mit dem Schöpfungsbericht die ethische Forderung: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“
    Rückbesinnung auf den Sinn, den wir von Gott her erkennen, den wir in seiner Schöpfung ablesen können, und den es gilt, dann auch im alltäglichen Leben umzusetzen.
    Bei der Ehe fängt dies jedoch nicht erst bei der Scheidung an.
    Zu fragen wären wir alle, und auch alle Institutionen, ob wir unsere Kinder und Jugendliche gut auf die Ehe vorbereiten; ob wir alles uns mögliche tun, damit sie auch eine solche Ehe nicht nur feierlich vor dem Altar versprechen, sondern verantwortungsbewusst eingehen und leben können?
    Kann ein junger Mensch Konflikt, Spannungen, Entbehrungen überhaupt aushalten, wenn ihm jede Schwierigkeit aus dem Weg, ihm alles vorgekaut serviert und danach ihm alles wieder weggeräumt wird?
    Kann denn eine Ehe heute den Anforderungen standhalten, die durch unsere unreflektierten Bilder und Erwartungen da sind, die aber auch Betriebs- und Arbeitswelt ihnen diktieren?
    Kann ein Mensch, der immer wieder erfährt: Alles ist möglich! Verzichten? Dinge zurückstellen, weil Beziehung wichtiger ist?
    Unsere Verantwortung als Pfarreiengemeinschaft für eine gute, hilfreiche Vorbereitung der Jugend auf Ehe und Familie sind Grund genug nachzudenken, was wir tun können und müssen?

  2. Jesus nimmt die Kinder als Beispiel für das Reich Gottes
    „Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes!“ So sollen wir die Botschaft Jesu, ihre ethischen Forderungen wie die Kinder annehmen und im Lebensalltag bezeugen.
    Diese Haltung, die Jesus in den Kindern beispielhaft erkennt, die er aber auch bei der Heilung immer wieder behauptet und voraussetzt ist der Glaube, das unbegrenzte Vertrauen.
    So wie sich Kinder ganz und gar auf ihre Eltern einlassen, sie dieses volle Vertrauen ihren Eltern entgegenbringen, so sollen auch wir auf Jesus, auf Gott selbst vertrauen, sollen glauben, dass Gott, der Vater, es gut mit uns meint, sollen darauf vertrauen, dass der Barmherzige uns wohl ist.
    Dieses Vertrauen ist kein Freifahrschein für alles und jedes, sondern Grundlage und Ausgangspunkt für alles weitere: Wer als Kind sich ganz auf seine Eltern einlassen konnte, weil die ihm Schutz und Sicherheit, aber Bestärkung und Ermutigung zum eigenständigen Gehen und Leben gaben, der wird in seinem eigenen Leben ebenso danach streben, der wird dann das fortführen, was er selbst als gut erkannt hat.
    Offen und ehrlich die Welt wahrnehmen, verantwortungsvoll und gütig in der Welt leben und handeln.

Eine gute Woche wünscht Ihnen und Ihren Angehörigen
Ihr Nikolaus Hegler, Pfarrer

 

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